UNAM SANCTAM

UNAM SANCTAM

Das Apostolische Schreiben
UNAM SANCTAM
von 
Papst Bonifaz VIII., 1302 A.D.

In diesem Lehrschreiben legt der Papst, der Nachfolger Christi und
 Petri als Kirchenoberhaupt auf Erden, die Glaubenslehre über die göttliche Kirche Jesu Christi  dar,
die Einheit der einen (von Christus auf St. Petrus gegründeten) Kirche unter dem Nachfolger Petri,
mit Christus als dem unsichtbaren Oberhaupt im Himmel
und dem Papst als dem sichtbaren Oberhaupt auf Erden,
als Statthalter Jesu Christi auf Erden.

Unam sanctam Ecclesiam catholicam et ipsam apostolicam urgente fide credere cogimur et tenere, nosque hanc firmiter credimus et simpliciter confitemur, extra quam nec salus est nec remissio peccatorum ...; quae unum corpus mysticum repraesentat, cuius corporis caput Christus, Christi vero Deus. In qua„unus Dominus, una fides et unum baptisma" [Eph 4,5]. Una nempe fuit diluvii tempore arca Noe, unam Ecclesiam praefigurans, quae in uno cubito consummata unum, Noe videlicet, gubernatorem habuit et rectorem, extra quam omnia subsistentia super terram legimus fuisse deleta

. Eine heilige katholische und ebenso apostolische Kirche zu glauben und festzuhalten, werden wir auf Drängen des Glaubens gezwungen, und diese glauben wir fest und bekennen wir aufrichtig, außerhalb derer weder Heil noch Vergebung der Sünden ist ...; sie stellt den einen mystischen Leib dar, und dieses LeibesHaupt <ist> Christus, <das Haupt> Christi aber <ist> Gott. In ihr <ist> „ein Herr, ein Glaube und eine Taufe" [Eph 4,5]. Eine Arche Noachs gab es nämlich zur Zeit der Sintflut, die die eine Kirche vorausbildete; in einer Elle vollendet hatte sie einen Führer und Lenker, nämlich Noach; außerhalb dieser wurden, wie wir lesen, alle Wesen auf der Erde vernichtet. 

Hanc autem veneramur et unicam, dicente Domino in Propheta: „Erue a framea, Deus, animam meam, et de manu canis unicam meam" [Ps 21,21]. Pro anima enim, id est pro se ipso, capite simul oravit et corpore, quod corpus unicam scilicet Ecclesiam nominavit, propter sponsi, fidei, sacramentorum et caritatis Ecclesiae unitatem. Haec est „tunica" illa Domini „inconsutilis" [Io 19,23], quae scissa non fuit, sed sorte provenit. 

Diese verehren wir aber auch als einzige; denn der Herr sagt im Propheten: „Rette vor dem Schwert, Gott, meine Seele, und aus der Gewalt des Hundes meine einzige" [Ps 22,21]. Für die Seele nämlich, das heißt, für sich selbst, zugleich das Haupt und den Leib hat er gebetet, den Leib, den er einzige, nämlich Kirche, nannte wegen der Einheit des Bräutigams, des Glaubens, der Sakramente und der Liebe der Kirche. Diese ist jenes „nahtlose Gewand" [Joh 19,23] des Herrn, das nicht zerrissen wurde, sondern durch das Los zufiel.

Igitur Ecclesiae unius et unicae unum corpus, unum caput, non duo capita quasi monstrum, Christus videlicet et Christi vicarius Petrus Petrique successor, dicente Domino ipsi Petro: „Pasce oves meas" [Io 21,17]. „Meas", inquit, et generaliter, non singulariter has vel illas: per quod commisisse sibi intelligitur universas. Sive ergo Graeci sive alii se dicant Petro eiusque successoribus non esse commissos: fateantur necesse est se de ovibus Christi non esse, dicente Domino in Ioanne, „unum ovile, unum et unicum esse pastorem" [Io 10,16]. 

Die eine und einzige Kirche <hat> also einen Leib, ein Haupt, nicht zwei Häupter wie eine Mißgeburt, nämlich Christus und den Stellvertreter Christi, Petrus, und den Nachfolger des Petrus; denn der Herr sagt zu Petrus selbst: „Weide meine Schafe" Joh 21,17]. „Meine", sagt er, und zwar allgemein, nicht einzeln diese oder jene: daraus ersieht man, daß ihm alle anvertraut wurden. Wenn also Griechen oder andere sagen, sie seien Petrus und seinen Nachfolgern nicht anvertraut worden, dann müssen sie gestehen, daß sie nicht zu den Schafen Christi gehören; denn der Herr sagt bei Johannes: „es gibt eine Hürde, einen und nur einen Hirten" [Joh 10,16]. 

Die geistliche Vollmacht der Kirche

In hac eiusque potestate duos esse gladios, spiritualem videlicet et temporalem, evangelicis dictis instruimur Adducuntur Lc 22,38 et Mt 26,52]. ... 

Durch die Aussagen der Evangelien werden wir belehrt, daß in dieser ihrer Gewalt zwei Schwerter sind, nämlich das geistliche und das zeitliche. [Angeführt werden Lk 22,38 und Mt 26,52]. … 

Uterque ergo est in potestate Ecclesiae, spiritualis scilicet gladius et materialis. Sed is quidem pro Ecclesia, ille vero ab Ecclesia exercendus. Ille sacerdotis, is manu regum et militum, sed ad nutum et patientiam sacerdotis. Oportet autem gladium esse sub gladio, et temporalem auctoritatem spirituali subiici potestati. ... Spiritualem et dignitate et nobilitate terrenam quamlibet praecellere potestatem, oportet tanto clarius nos fateri, quanto spiritualia temporalia antecellunt. ... Nam Veritate testante, spiritualis potestas terrenam potestatem instituere habet, et iudicare1
, si bona non fuerit. ... 

Beide also sind in der Gewalt der Kirche, nämlich das geistliche Schwert und das materielle. Jedoch ist dieses für die Kirche, jenes aber von der Kirche zu handhaben. Jenes <in der Hand> des Priesters, dieses in der Hand der Könige und Soldaten, aber auf die Zustimmung und Duldung des Priesters hin. Es gehört sich aber, daß ein Schwert unter dem anderen ist und die zeitliche Autorität sich der geistlichen Gewalt unterwirft. ... Daß die geistliche Gewalt jedwede irdische sowohl an Würde als auch an Adel überragt, müssen wir umso deutlicher bekennen, je mehr das Geistliche das Zeitliche überragt. ... Denn wie die Wahrheit bezeugt, muß die geistliche Gewalt die irdische Gewalt einsetzen und richten, wenn sie nicht gut war. ...

Ergo si deviat terrena potestas, iudicabitur a potestate spirituali; sed, si deviat spiritualis minor, a suo superiore; si vero suprema, a solo Deo, non ab homine poterit iudicari, testante Apostolo: „Spiritualis homo iudicat omnia, ipse autem a nemine iudicatur" [1 Cor 2,15].

Wenn also die irdische Gewalt abirrt, dann wird sie von der geistlichen Gewalt gerichtet werden; wenn aber eine niedrigere geistliche abirrt, dann von ihrer höheren; wenn aber die höchste, dann wird sie allein von Gott, nicht vom Menschen gerichtet werden können, wie der Apostel bezeugt: „Der geistliche Mensch richtet alles, selbst aber wird er von niemandem gerichtet" [1 Kor 2,15].

Est autem haec auctoritas, etsi data sit homini et exerceatur per hominem, non humana, sed potius divina potestas, ore divino Petro data, sibique suisque successoribus in ipso Christo, quem confessus fuit petra firmata, dicente Domino ipsi Petro: „Quodcumque ligaveris" etc. [Mt 16,19]. Quicumque igitur huic potestati a Deo sic ordinatae „resistit, Dei ordinationi resistit" [Rm 13,2], nisi duo, sicut Manichaeus, fingat esse principia, quod falsum et haereticum iudicamus, quia, testante Moyse, non in principiis, sed „in principio caelum Deus creavit et terram" [Gn 1,1]. 

Diese Autorität ist aber, auch wenn sie einem Menschen verliehen wurde und durch einen Menschen ausgeübt wird, keine menschliche, sondern vielmehr eine göttliche Gewalt, die Petrus aus göttlichem Munde verliehen und ihm und seinen Nachfolgern in Christus selbst, den er als Fels bekannt hat, bestätigt wurde, als der Herr zu Petrus selbst sagte: „Alles, was du gebunden hast" usw. [Mt 16,19]. Wer immer sich also dieser von Gott so angeordneten Gewalt „widersetzt, widersetzt sich der Anordnung Gottes" [Röm 13,2], wenn er nicht - wie Manichäus erdichtet, daß es zwei Anfänge gebe, was wir als falsch und häretisch beurteilen; denn, so bezeugt Moses, nicht in den Anfängen, sondern „im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde" [Gen 1,1]. 

Porro subesse Romano Pontifici omni humanae creaturae declaramus, dicimus, diffinimus omnino esse de necessitate salutis.

Wir erklären, sagen und definieren nun aber, daß es für jedes menschliche Geschöpf unbedingt notwendig zum Heil ist, dem Römischen Bischof unterworfen zu sein.